Häusliche Pflege: Betreuung in den eigenen vier Wänden
- Als häusliche Pflege wird in der Regel die Betreuung durch Angehörige oder Ehrenamtliche in der eigenen Wohnung bezeichnet. Werden professionelle Pflegedienste beauftragt, ist die Rede von ambulanter Pflege.
- Ab Pflegegrad 2 stehen Pflegebedürftigen finanzielle Leistungen der Pflegeversicherung zu, die sie beantragen sollten, um Zuschüsse zur häuslichen Pflege zu erhalten.
- Pflegebedürftige haben mehrere Möglichkeiten über den Zuschuss zur Wohnraumanpassung oder vergünstigte KfW-Mittel die eigenen vier Wände barrierefrei zu gestalten.
- Mindestens 12 Milliarden Euro dieser Leistungsansprüche bleiben nach neuesten Erkenntnissen jährlich ungenutzt.
Gründe für die häusliche Pflege
Wird eine Person pflegebedürftig, kostet es sie häufig viel Überwindung, in ein geeignetes Pflegeheim umzuziehen. Oftmals möchte der Betroffene lieber weiter in den eigenen vier Wänden wohnen. Die häusliche Versorgung ermöglicht es pflegebedürftigen Menschen, in ihrer gewohnten Umgebung zu verbleiben und trotzdem optimal versorgt zu werden.
Wer sich dafür entscheidet, einen Angehörigen zu Hause zu pflegen, hilft ihm dabei, weiterhin einen Teil seiner Freiheit und Selbstbestimmung auszuleben. Nähe zu Familie, Freunden und Nachbarn ist ein weiterer Vorteil. Auch die Kosten können ein Grund sein: Sie sind deutlich niedriger als der finanzielle Aufwand für einen Platz im Seniorenheim.
Aufgaben der häuslichen Pflege
Das Aufgabenspektrum in der häuslichen Pflege ergibt sich aus dem Pflegegrad des Betroffenen. Grundsätzlich sind die Pflegeleistungen allerdings in sechs Bereiche aufzuteilen:
- Körperbezogene Pflegemaßnahmen: Der Pflegende hilft etwa beim An- und Auskleiden, beim Waschen und Kämmen, der Nagelpflege und bei Toilettengängen.
- Hilfe bei der Ernährung: Wenn nötig, muss der Pflegende nicht nur beim Kochen, sondern auch bei der Nahrungsaufnahme helfen. Hat der Betroffene eine Magensonde, muss sich der Pflegende ggf. auch um die künstliche Ernährung und die Reinigung der Sonde kümmern.
- Hilfe im Haushalt: Putzen, einkaufen, Wäsche waschen – häufig brauchen pflegebedürftige Personen besonders im Haushalt Unterstützung.
- Begleitung: Zur Versorgung gehört auch die Begleitung zu ärztlichen oder anderen Terminen.
- Beschäftigung: Es gilt nicht nur, den Pflegebedürftigen zu Hause zu pflegen, sondern ihm auch einen abwechslungsreichen Alltag zu ermöglichen. Angehörige sollten Pflegebedürftigen z. B. Ausflüge und Treffen mit Freunden ermöglichen.
- Medizinische Maßnahmen: Das kann die Hilfe bei der Einnahme von Medikamenten oder das Anlegen medizinischer Hilfsmittel (z. B. Kompressionsstrümpfe) sein. Weiterführende medizinischen Maßnahmen, etwa die Wundversorgung oder die Verabreichung von Spritzen, sollte geschultes medizinisches Personal übernehmen.
Häusliche Pflege durch Angehörige
Bis auf weiterführende medizinische Maßnahmen können Angehörige alle Pflegeaufgaben selbst übernehmen. Spezielle Kurse vermitteln Angehörigen, wie sie die Versorgung eines Verwandten bewerkstelligen. Die Kurse sind kostenlos und vermitteln alle Grundlagen der Pflege. Sie können sowohl online, in Kursräumen von Kirchen, Volkshochschulen, Pflegekassen oder Sozialverbänden, als auch bei der pflegebedürftigen Person zu Hause stattfinden. Letzteres hat den Vorteil, dass der Kursleiter auf die reale Pflegesituation eingehen kann.
Gut zu wissen: Wenn Sie selbst fürchten einmal pflegebedürftig zu werden, ist es sinnvoll, schon jetzt eine Pflegeverfügung aufzusetzen. Das Dokument sollte alle Ihre Wünsche und Vorstellungen für die Pflege enthalten.
Ergänzung der häuslichen Pflege: Ambulante Pflege
Gerade wenn die gepflegte Person regelmäßig medizinische Behandlungen benötigt, wird die Unterstützung durch einen ambulanten Pflegedienst unabdingbar. Oftmals sind Pflegedienste eine willkommene Unterstützung für Familien – besonders wenn der Pflegebedürftige viel Aufmerksamkeit benötigt und Angehörige voll berufstätig sind. Zusätzlich kann ein Pflegedienst zur Beratung hinzugezogen werden und Betroffenen Fragen zur Pflege beantworten. Auch wenn Angehörige Unterstützung bei Verhinderung oder bei der nächtlichen Versorgung des Pflegebedürftigen benötigen, ist die Ergänzung durch einen ambulanten Pflegedienst sinnvoll. Muss eine Person rund um die Uhr zu Hause betreut werden, kann eine 24-Stunden-Pflege die Lösung sein.
24-Stunden-Pflege im eigenen Zuhause
Pflegebedürftigkeit kann ebenso plötzlich wie unerwartet entstehen, etwa durch einen Unfall oder Krankheit. Die 24-Stunden-Pflege macht es möglich, dann in den eigenen Wänden zu bleiben. Angesichts der hohen Stundenzahl und der dabei entstehenden Kosten kommen oft ausländische Pflegekräfte zum Einsatz, die in vielen Fällen mit Pflegebedürftigen gemeinsam im selben Haushalt leben. Die Pflegekraft ist zwar immer in Reichweite, benötigt allerdings auch geregelte Arbeitszeiten und Erholungsphasen wie Arbeitnehmer in anderen Berufen.
Wer intensive und dauerhafte Pflege benötigt, kann auch mehrere Betreuungs- und Pflegekräfte beschäftigen, die sich mit der Pflege abwechseln, oder ein kombiniertes Betreuungsangebot in Anspruch nehmen. Meist wird die Grundpflege von pflegenden Angehörigen oder sogenannten „polnischen Pflegekräften“ geleistet, während die medizinische Behandlungspflege von einem Pflegedienst übernommen wird.
Was steht pflegenden Angehörigen zu?
Grundsätzlich arbeiten Familienmitglieder und andere private Pflegepersonen ehrenamtlich. Doch der Staat und die gesetzliche Pflegeversicherung sehen bestimmte Leistungen vor, damit pflegende Angehörige …
- … ihre Aufgabe besser mit dem Beruf vereinbaren können
- … finanziell unterstützt werden
- … Entlastung vom Alltag zwischen Pflege, Beruf und Familie erfahren
- … Sicherheit und Qualität der häuslichen Pflege gewährleisten können
Um die Pflegeleistungen und weitere Unterstützungsangebote in vollem Umfang nutzen zu können, sollte der erste Schritt im Pflegefall immer sein, einen Pflegegrad zu beantragen. Denn erst, wenn dieser anerkannt wurde, erhält sie Leistungen der Pflegekasse, die auch pflegenden Angehörigen zugutekommen.
Mehr dazu erfahren Sie hier: Pflegegrad beantragen: So einfach geht's
Häusliche Pflege: Was zahlt die Krankenkasse?
Verantwortlich für die Bezahlung von Pflegeleistungen sind die Pflegekassen der Krankenkassen. Das gilt sowohl für gesetzlich als auch privat Versicherte. Während gesetzlich Versicherte automatisch in die Pflegeversicherung einzahlen, müssen privat Versicherte eine zusätzliche Pflegeversicherung abschließen. Für die häusliche Pflege steht Pflegebedürftigen mit dem Pflegegrad 2, Pflegegrad 3, Pflegegrad 4 und Pflegegrad 5 nach § 64a Sozialgesetzbuch XII das sogenannte Pflegegeld zu.
Die Höhe der Leistungen richtet sich nach dem Pflegegrad des Versicherten. Pflegegeld und Sachleistungen wurden Anfang 2024 erhöht. Das Pflegegeld kann ein Betroffener in die finanzielle Unterstützung der pflegenden Angehörigen investieren. Muss der Wohnraum angepasst werden, können Betroffene nach § 40 Abs. 4 Sozialgesetzbuch XI bei der Pflegekasse finanzielle Unterstützung beantragen.
Im Einzelfall stehen ihnen bis zu 4000 Euro zu, die sie für unterstützende Pflegevorrichtungen, wie Treppen- oder Badewannenlifte, als auch Umbaumaßnahmen, wie z. B. dem Einbau einer ebenerdigen Dusche, einsetzen können.
Wichtig: Bei gemieteten Wohnungen oder Häusern ist es notwendig, die Zustimmung des Eigentümers für geplante Umbaumaßnahmen einzuholen.
Barrierefreies Zuhause
Während Pflegekassen beim Wohnraumzuschuss in der Regel maßnahmenbasiert im Einzelfall bewilligen, ist es bei größeren Projekten mithilfe von KfW-Mitteln in aller Regel notwendig, DIN-konforme Baupläne vorzulegen. Näheres dazu erfahren Betroffene und Angehörige in der Bauordnung ihres Bundeslands.
Die Summe der verfallenen Ansprüche von Personen mit Pflegegrad beläuft sich jährlich auf mindestens 12 Milliarden Euro. Das fand eine Studie im Auftrag des Sozialverbandes VdK heraus. Demnach werden je nach Art der Pflegeleistungen zwischen 62 und 93 Prozent nicht abgerufen.
Wie beantrage ich die häusliche Pflege?
Die häusliche Pflege selbst muss nicht beantragt werden. Ab Pflegegrad 2 stehen Pflegebedürftigen jedoch finanzielle Leistungen der Pflegeversicherung zu, die sie beantragen sollten, um Zuschüsse zur häuslichen Pflege zu erhalten. Um die entsprechenden finanziellen Leistungen für häusliche Pflege in Anspruch nehmen zu können, müssen Betroffene einen Pflegegrad beantragen.
Die Krankenkasse beauftragt dann einen Gutachter vom Medizinischen Dienst, bei gesetzlich Versicherten, oder von MEDICPROOF, bei privat Versicherten. Der Gutachter besucht den Antragsteller in seiner Wohnung und beobachtet ihn in seinem Alltag. Ziel der MDK Begutachtung bzw. der Begutachtung durch MEDICPROOF ist es, das Ausmaß der Pflegebedürftigkeit festzustellen. Im Anschluss entsteht ein Gutachten, das der Pflegekasse als Grundlage für die Vergabe des Pflegegrades dient. Der Pflegebedürftige bekommt dann eine Mitteilung über den zuerkannten Pflegegrad (früher Pflegestufe). Meist wird auch das zugrundliegende Gutachten mitgesendet.
- In 5 Minuten bis zum fertigen Antrag
- Funktioniert für alle Krankenkassen
- Schnell und einfach Pflegeleistungen erhalten
Hilfe und Ansprechpartner für die häusliche Pflege
Die Pflegekassen sind gesetzlich verpflichtet, für pflegebedürftige Versicherte eine individuelle Pflegeberatung anzubieten. Hilfe bekommen Betroffene und pflegende Angehörige auch in den Pflegestützpunkten der Krankenkassen.
Wo sich der nächste Pflegestützpunkt befindet, ist in der Datenbank des Zentrums für Qualität in der Pflege (ZQP) aufgeführt.
Reha und mehr: Wenn Pflegende selbst Unterstützung brauchen
Trotz der vom Gesetzgeber vorgesehenen Entlastungsangebote und des finanziellen Ausgleichs: Die Versorgung eines Pflegebedürftigen ist kräftezehrend. Häufig bleibt pflegenden Angehörigen zu wenig Zeit für die Erholung. Ihren Urlaub oder ihre freien Tage können sie oft nicht genießen – zu schwer fällt es abzuschalten, zu groß sind die Schuldgefühle, ihr pflegebedürftiges Familienmitglied allein zu lassen. Mitunter geraten pflegende Angehörige so in ein Burnout oder einen Erschöpfungszustand.
Darum sind Unterstützungsangebote für Pflegepersonen ebenso wichtig wie die für Pflegebedürftige. Dabei gibt es ein breites Spektrum an Möglichkeiten:
- Pflegeberatung gibt es in regionalen Beratungszentren oder bei Hotlines.
- Selbsthilfegruppen sind an vielen Orten aktiv, damit sich Betroffene austauschen und gegenseitig unterstützen können.
- Therapien bei Psychotherapeuten oder Psychiatern können helfen, mit den Belastungen als Pflegeperson besser zurechtzukommen und gegebenenfalls auch familiäre Spannungen aufzuarbeiten.
- Reha oder eine Kur kann der Hausarzt verordnen, um psychische, aber auch körperliche Erschöpfungszustände zu behandeln.
- Kleine Auszeiten vom Alltag können Pflegepersonen helfen, neue Kraft zu schöpfen.
- Urlaub ist wichtig, denn der Erholungseffekt setzt oft erst bei einer längeren Pause ein. Auch ein gemeinsamer Urlaub mit der pflegebedürftigen Person ist eine Möglichkeit: Sogenannte Pflegehotels sind optimal auf pflegebedürftige Gäste eingestellt. Sie sind barrierefrei, haben ein Notrufsystem, einen bedarfsgerechten Zimmerservice und in der Regel einen eigenen Pflegedienst direkt vor Ort.
Grundsätzlich sollten pflegende Angehörige bei einer Überforderung auch immer in Erwägung ziehen, sich wenigstens bei einem Teil der Aufgaben von einem ambulanten Pflegedienst unterstützen zu lassen.
Vorsorge: Pflegende Angehörige entlasten
Für den potenziellen Pflegefall sollte jeder rechtzeitig vorsorgen. Einerseits entstehen im Ernstfall hohe Kosten, die die gesetzliche Pflegeversicherung nicht vollständig abdeckt – darum ist finanzielle Vorsorge wichtig, gegebenenfalls in Form einer Pflegezusatzversicherung. Andererseits ist auch die rechtliche Vorsorge wichtig: Damit in jedem Fall gewährleistet ist, dass der Wille des Betroffenen umgesetzt wird, sind bestimmte Dokumente unverzichtbar:
- Patientenverfügung
- Vorsorgevollmacht
- Betreuungsverfügung
Wer diese drei Vorsorgedokumente noch nicht besitzt, sollte sie baldmöglichst aufsetzen. Das entlastet auch pflegende Angehörige: Schließlich stehen sie im Ernstfall unter Umständen vor schwierigen Entscheidungen, wenn ihnen die Wünsche ihres Verwandten nicht bekannt sind und er sich selbst einmal nicht mehr äußern kann.