Betriebliche Alters­vorsorge: Das sollten Sie wissen

von Franziska Saß
20.07.2020 (aktualisiert: 11.02.2021)
Das Wichtigste in Kürze:
  • Die betriebliche Alters­vorsorge ist eine finanzielle Vorsorge, die Angestellte über ihren Arbeitgeber ansparen können. Sie wird später zusätzlich zur gesetzlichen Rente gezahlt.
  • Der Staat fördert die betriebliche Altersversorgung durch geminderte Steuerlast und Sozialabgaben in der Phase, in der Arbeitnehmer ihre Betriebsrente aufbauen.
  • Arbeitnehmer haben einen Anspruch auf die betriebliche Alters­vorsorge in Form einer Entgeltumwandlung, in der sie einen Teil ihres Bruttogehalts in die bAV investieren. Seit 2019 ist der Arbeitgeber verpflichtet, die Sozialabgaben, die er durch das geminderte Bruttogehalt nicht zahlen muss, in die Betriebsrente seines Mitarbeiters einzuzahlen.
  • Arbeitnehmer sollten vor der Entscheidung für die betriebliche Alters­vorsorge durchrechnen, ob sich diese für sie wirklich lohnt. Denn oftmals rechnet sich die Betriebsrente erst, wenn der Mitarbeiter ein gewisses, meist recht hohes Alter erreicht.

Die betriebliche Alters­vorsorge: Der Zuschuss für die Rente

Mit der gesetzlichen Rente bekommen Arbeitnehmer im Alter nur einen Bruchteil ihres bisherigen Gehalts – oftmals reicht das Alterseinkommen nicht, um den bisherigen Le­bens­stan­dard aufrecht zu erhalten. Aus diesem Grund empfiehlt der Gesetzgeber immer wieder, zusätzliches Geld für das Alter anzusparen. Eine beliebte und einfache Methode ist die betriebliche Alters­vorsorge (bAV). Sie wird oft auch als Betriebsrente bezeichnet und wurde 2019 von rund 17,8 Millionen Deutschen genutzt. Generell steht fast jedem Arbeitnehmer diese Art der Altersversorgung zu, egal in welchem Betrieb er tätig ist. Mindestens eine Form der bAV muss jeder Arbeitgeber seinen Mitarbeitern anbieten.

Die Idee hinter der betrieblichen Alters­vorsorge ist einfach: Der Arbeitgeber unterstützt seine Mitarbeiter dabei, Geld für das Alter anzusparen und hat dafür verschiedene Möglichkeiten. Er kann sich an der Finanzierung beteiligen, muss dies aber nur bis zu einem gewissen Rahmen. In einigen Fällen baut der Chef für seine Mitarbeiter sogar eigenständig eine betriebliche Altersversorgung auf, ohne dass die Angestellten Geld einzahlen müssen. Sobald der Arbeitnehmer das 62. Lebensjahr erreicht hat, kann er sich das angesparte Geld auszahlen lassen – als Rente oder als einmalige Leistung.

Tipp: Wenn Ihr Arbeitgeber die Betriebsrente komplett allein finanziert, dann sollten Sie diese Option auf jeden Fall wahrnehmen. Sie bekommen in diesem Fall bares Geld geschenkt.

Bruttoentgeltumwandlung

Die Bruttoentgeltumwandlung, oder einfach nur Entgeltumwandlung, ist die einfachste Form der Einzahlung in eine betriebliche Alters­vorsorge. In diesem Fall wird ein Teil des Bruttoentgelts in einen Beitrag zur bAV umgewandelt und vom Arbeitgeber in eine entsprechende Anlage eingezahlt. Der Vorteil dabei ist, dass der Arbeitnehmer weder Steuern noch Sozialabgaben auf den eingezahlten Betrag zahlen muss.

Wer hat Anspruch auf die Betriebsrente?

Die betriebliche Altersversorgung können viele Menschen nutzen, um für die Rente vorzusorgen. Die meisten Angestellten eines Betriebs haben Anspruch auf die bAV. Dazu gehören:

  • unbefristet angestellte Mitarbeiter
  • geringfügig Beschäftigte
  • Teilzeitkräfte
  • Azubis
  • Geschäftsführer
  • befristet Angestellte

Ausgenommen sind Praktikanten und Leiharbeiter. Wer in einem Bereich beschäftigt ist, in dem ein Tarifvertrag gilt, muss die vereinbarten Regelungen beachten. Denn hier hat der Tarifvertrag vor dem Recht auf die betriebliche Alters­vorsorge Vorrang. Viele Tarifverträge legen eine betriebliche Alters­vorsorge für die Mitarbeiter fest. Ist diese nicht vereinbart, kann es schwierig werden. Denn die häufig genutzte Entgeltumwandlung zum Aufbau der bAV ist nur dann möglich, wenn der Tarifvertrag sie ausdrücklich erlaubt.

Formen der betrieblichen Alters­vorsorge

Es gibt fünf verschiedene Arten, Geld im Rahmen einer betrieblichen Altersversorgung anzulegen. Nur eine davon muss Ihnen Ihr Chef anbieten, alle anderen bieten Arbeitgeber auf freiwilliger Basis an.

Direkt­versicherung

Diese Form der betrieblichen Alters­vorsorge muss jeder Arbeitgeber seinen Mitarbeitern anbieten. Dazu ist er seit 1. Januar 2019 gesetzlich verpflichtet. Die meisten Arbeitnehmer mit einer bAV haben eine Direkt­versicherung – im Jahr 2019 bestanden knapp 8,5 Millionen Direkt­versicherungsverträge, das ist fast die Hälfte aller betrieblichen Vorsorge­verträge. Bei der Direkt­versicherung schließt der Arbeitgeber eine Lebens­versicherung für einen oder mehrere Mitarbeiter ab. Dabei ist der Arbeitgeber immer der Versicherungsnehmer und auch der Beitragszahler. Seinen Mitarbeiter setzt er als Begünstigten ein. Der Chef kann entscheiden, ob das Unternehmen die Beiträge zahlt – in den meisten Fällen wird hier aber eine Entgeltumwandlung vorgenommen.

Direkt- oder Pensionszusage

In diesem Fall vereinbart der Arbeitgeber mit seinem Mitarbeiter einen festen Betrag, der bei Renteneintritt ausgezahlt wird. Wie hoch dieser Betrag ist, hängt zum einen vom Verdienst des Arbeitnehmers, zum anderen von seiner Betriebszugehörigkeit ab. Je länger er dabei ist, desto mehr Geld bekommt er bei Renteneintritt. Die Einzahlung übernimmt in der Regel der Arbeitgeber, teilweise kann aber auch der Arbeitnehmer Einzahlungen leisten. Wird der Arbeitnehmer invalide, stehen ihm aus der bAV finanzierte Invaliditätsleistungen zu. Verstirbt er, sind seine Hinterbliebenen abgesichert.

Unterstützungskasse

Gerade größere Unternehmen oder Unternehmensgesellschaften können als Durchführungsweg der bAV auch eine Unterstützungskasse anbieten. Dabei handelt es sich um eine Versorgungseinrichtung, die meist in Form eines Vereins besteht. Der Arbeitgeber zahlt direkt Geld in die Kasse ein. Entweder das Unternehmen übernimmt die Beiträge für seinen Mitarbeiter oder der Arbeitnehmer nimmt die Möglichkeit einer Entgeltumwandlung wahr.

Pensionskasse

Die Pensionskasse geht noch einen Schritt weiter: Es handelt sich um selbstständige Unternehmen, die von einem oder mehreren Arbeitgebern gegründet wurden. Sie werden wie Versicherungen behandelt und von der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) beaufsichtigt. Die Finanzierung der betrieblichen Alters­vorsorge wird in der Pensionskasse vor allem am Thema Sicherheit ausgerichtet: Die Kasse investiert nicht in Risikoanlagen und die Mitarbeiter können auf eine gleichmäßige und sichere Rendite zählen.

Pensionsfonds

Wer lieber ein Risiko eingehen und sich damit unter Umständen höhere Renditen sichern möchte, kann auch in Pensionsfonds einzahlen. Pensionsfonds können Aktiengesellschaften oder sogenannte Pensionsfondsvereine auf Gegenseitigkeit sein. Sie werden von einem rechtlich selbstständigen Träger angeboten, der dem Arbeitnehmer und seinen Hinterbliebenen einen Rechtsanspruch auf die angebotenen Leistungen einräumt. Das bedeutet, dass die eingezahlten Beträge zum Rentenbeginn zur Auszahlung bereitstehen. Während der Einzahlphase wird das Kapital in den Aktienmarkt investiert: Hier können Einzahler hohe Gewinne aber auch starke Verluste machen, da die Kurse stark schwanken.

Gut zu wissen: Wenn die Auszahlung kommt, wird sie immer mit Sozialabgaben zur Kranken- und Pflege­versicherung belastet – egal, welchen Durchführungsweg Sie gewählt haben. Auch Steuern fallen für die ausgezahlte Betriebsrente an.

Betriebliche Altersvorsorge: Mann hält Bausteine seiner Altersvorsorge hoch.
Die betriebliche Alters­vorsorge kann Teil einer umfassenden finanziellen Vorsorge für das Alter sein - zum Beispiel in Form einer Entgeltumwandlung.

Abgesichert auch bei Kündigung und Insolvenz des Arbeitgebers

Ein Thema, das viele Menschen vor dem Abschluss der betrieblichen Alters­vorsorge beschäftigt, ist die Frage nach der Sicherheit im Fall einer Kündigung oder bei Insolvenz des Arbeitgebers.

Kündigung

Wer kündigt oder von seinem Unternehmen entlassen wird, verliert damit meist nicht den Anspruch auf die betriebliche Alters­vorsorge. Trotzdem ist der Unternehmenswechsel mit einer betrieblichen Altersversorgung nicht immer einfach. Da jeder Arbeitgeber eine bAV in Form der Direkt­versicherung anbieten muss, ist sichergestellt, dass Sie ihre angesparten Beiträge mitnehmen können. Allerdings ist der Arbeitgeber nicht dazu verpflichtet, genau die Anlageform anzubieten, die mit dem vorherigen Chef vereinbart wurde. Aus diesem Grund kann es vorkommen, dass Sie in der Pensionskasse oder in einem Fonds angesparte Beiträge in eine Direkt­versicherung überführen müssen. Auch die Bank kann zum Problem werden: Denn viele Unternehmen arbeiten nur mit einer oder mehreren Hausbanken zusammen. Besteht zwischen der Bank des alten Arbeitgebers und dem neuen Arbeitgeber keine Kooperation, müssen Sie Ihre angesparte bAV ebenfalls übertragen. Zusätzlich können individuelle Vereinbarungen dafür sorgen, dass Sie für eine gewisse Zeit an Ihren Betrieb gebunden sind, bevor Sie Ihre bAV in ein neues Unternehmen mitnehmen können.

Tipp: Wer häufig den Beruf wechselt, sollte auf die bAV verzichten und stattdessen auf andere Vorsorge­möglichkeiten zurückgreifen. Alternative wären zum Beispiel eine private Renten­versicherung oder eine Lebens­versicherung.

Insolvenz

Wer eine Direktpension, eine Direkt­versicherung, eine bAV in der Unterstützungskasse oder der Pensionskasse hat, braucht sich in den meisten Fällen keine Sorgen machen, wenn der Arbeitgeber insolvent wird. Bei all diesen Formen der Versicherung muss der Arbeitgeber oder das Unternehmen, dass die betriebliche Alters­vorsorge anbietet, Zahlungen an den Pensions-Sicherungs-Verein Versicherungsverein auf Gegenseitigkeit (PSVaG) leisten. Tritt der Insolvenzfall ein, müssen Arbeitnehmer also nicht um ihre Alters­vorsorge fürchten, sondern bekommen die Auszahlung ihrer angesparten Beiträge bei Renteneintritt vom PSVaG.

Vorsicht ist bei Pensionsfonds geboten: Sie bieten eine Chance auf hohe Renditen, sind aber insgesamt mit einem hohen Risiko verbunden. Denn eine Garantie dafür, dass Sie Ihre Betriebsrente bekommen, wenn der Arbeitgeber oder die Aktiengesellschaft insolvent sind, gibt es nicht.

Vorteile der betrieblichen Alters­vorsorge

Bei der betrieblichen Altersversorgung bekommen Sie bares Geld von Ihrem Chef geschenkt – und das nicht nur, wenn er die bAV allein finanziert. Auch wenn Sie lediglich eine Entgeltumwandlung vereinbart haben, muss Ihr Chef Sie finanziell unterstützen. Da das Geld bei der Entgeltumwandlung für die Betriebsrente vom Bruttogehalt abgezogen wird, ist der eingezahlte Betrag von der Steuer und Sozial­versicherungsbeiträgen befreit. Letzteres gilt für Sie und Ihren Chef – bisher profitierte also auch das Unternehmen, da es einen Teil der Sozial­versicherungsbeiträge einfach einsparte, wenn Sie in die bAV einzahlten. Damit ist allerdings Schluss: Denn seit 2019 ist der Arbeitgeber verpflichtet, die gesparten Sozial­versicherungsbeiträge an den Arbeitnehmer weiterzugeben, also in die entsprechende Vorsorge­einrichtung einzuzahlen. Der Arbeitgeber muss pauschal 15 Prozent auf die umgewandelten Beträge zahlen. Das gilt für Vereinbarungen, die ab 2019 geschlossen wurden und ab 2022 auch für alle älteren Verträge.

Ein weiterer Vorteil: Mit der Betriebsrente können Sie zum Teil auch Ihre Hinterbliebenen im Fall Ihres Todes versorgen oder für eine eigene Invalidität, Erwerbs- und Berufsunfähigkeit vorsorgen.

Betriebliche Altersvorsorge: Alter Mensch zählt Geld
Die Betriebsrente kann die gesetzliche Rente im Alter deutlich aufstocken.

Nachteile der betrieblichen Alters­vorsorge

Der Vorteil in puncto Sozial­versicherungsbeiträge hat leider einen Haken: Er kann nur bis zu maximal vier Prozent der Beitrags­bemessungs­grenze (West) ausgereizt werden. Das entspricht 338 Euro. Diesen Betrag hat der Gesetzgeber als sozial­versicherungsfrei festgelegt. Wer mehr für die Betriebsrente einzahlen möchte, zahlt für jeden Euro über dem Freibetrag Beiträge für die Kranken- und Pflege­versicherung. Steuern werden allerdings erst fällig, wenn Sie mehr als 552 Euro im Monat in die bAV einzahlen.

Und noch etwas sollten Sie beachten: In der Einzahlphase sparen Sie Steuern und Sozial­versicherungsbeiträge – diese entfallen aber nicht ganz, sondern müssen in der Auszahlungsphase beglichen werden. Damit sinkt die Betriebsrente. Wie hoch die Steuern sind, die Sie auf die Betriebsrente zahlen müssen, hängt von verschiedenen Faktoren, wie dem Alter des Vertrages und der Höhe der ausgezahlten Rente ab. Hier lohnt es sich, vorher durchzurechnen.

Generell sind viele Verträge so aufgestellt, dass sie sich erst dann wirklich lohnen, wenn Arbeitnehmer ein hohes Alter erreichen. Rechnen Sie deshalb vor Abschluss der bAV genau durch, ob sich die zusätzliche Vorsorge für Sie lohnt. Behalten Sie dabei auch im Hinterkopf, dass die Betriebsrente erst ab dem 62. Lebensjahr zugänglich ist. Davor haben Sie – bis auf wenige Ausnahmen – keine Chance an das Geld heranzukommen.

Quellen

Franziska Saß

Franziska Saß ist seit April 2020 Content Managerin bei Afilio. Die studierte Journalistin hat über mehrere Jahre frei für verschiedene Tageszeitungen geschrieben und war anschließend in verschiedenen Unternehmen im Content Management tätig. Bei Afilio schreibt sie vor allem Ratgeberartikel zu wichtigen Vorsorge­dokumenten, Versicherungen und Pflege.

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