Leitfaden für Erben: Tipps zu Erbschaft und Steuer

von Afilio
01.07.2024 (aktualisiert: 31.07.2024)

Eine Erbschaft ist für Sie als Hinterbliebener nicht nur eine emotionale Herausforderung. Auch stellt sich die Frage: Wie trete ich mein Erbe an und welche steuerlichen Verpflichtungen kommen auf mich zu? Was Sie erben und welche Erbschaftssteuern anfallen, kann je nach Familienkonstellation und Vermögenswerten stark variieren.

Mit einem Erbe sind automatisch viele Rechte und Pflichten verbunden. Sie müssen sich um den Nachlass kümmern, Vermächtnisse und Pflichtteils­ansprüche erfüllen und eine Erbschaftssteuererklärung abgeben. Auch können Sie entscheiden: Möchte ich mein Erbe überhaupt antreten? Folgende Dinge gilt es zu beachten.

Checkliste: Erbe antreten

Erbe annehmen oder ausschlagen: Erbe werden Sie automatisch und sofort ohne ausdrückliche Annahme. Sie haben jedoch eine 6-wöchige Frist, um das Erbe auszuschlagen. Für Erben im Ausland gilt eine Frist von 6 Monaten.

Bestattung veranlassen und bezahlen: In der Regel kümmern sich die nächsten Angehörigen um die Bestattung. Laut Gesetz müssen diese sogar für eine “ordnungsgemäße Bestattung” sorgen. Die Kosten für die Bestattung können hingegen auch auf alle Erben verteilt werden.

Die nächsten Angehörigen sind in der Bestattungspflicht, die Kosten für die Beerdigung müssen die Erben tragen.

Verbindlichkeiten übernehmen: Ohne gegenteilige Regelung übernehmen Sie als Erbe auch die Schulden des Erblassers. Ebenso müssen Sie noch laufende Kosten zahlen, entweder aus dem Erbe oder sogar aus eigener Tasche.

Erben haften für Schulden des Erblassers mit ihrer Erbschaft und dem eigenen Vermögen.

Erbschein beantragen: Prüfen Sie, ob Sie einen Erbschein brauchen. Mit dem Erbschein können Sie sich als Erbe etwa gegenüber Banken oder dem Grundbuchamt ausweisen.

Nachlass­werte verteilen: Gibt es in Ihrem Fall eine Erben­gemeinschaft und keine konkreten testamentarischen Wünsche des Verstorbenen, können alle Miterben Verfügungen nur gemeinsam und einstimmig treffen – etwa den Verkauf einer Immobilie.

Info: Hat der Erblasser im Testament eine Testaments­vollstreckung angeordnet, obliegt die Abwicklung der Erbschaft dem Testamentsvollstrecker.

Pflichtteil einfordern: Wurden Sie enterbt, können Sie einen Pflichtteil von den Erben einfordern. Auch kann es sein, dass ein enterbter Angehöriger, meist Ehegatte oder Kind, einen Pflichtteil von Ihnen als Erbe einfordert.

Erbschaftssteuererklärung abgeben: Grundsätzlich müssen Sie Ihre Erbschaft innerhalb von drei Monaten beim Finanzamt anzeigen und auf Aufforderung eine Erbschaftssteuererklärung abgeben.

Gesetzliche Erbfolge: Wer erbt wie viel?

Wie viel Sie erben, hängt für Sie als Blut­sverwandter oder Ehegatte von der gesetzlichen Erbfolge ab – sollte es kein Testament oder einen Erbvertrag geben. Wichtig zu wissen: Nicht einmal die Kenntnis vom Todesfall ist für Erben entscheidend. Eine Erbschaft entsteht automatisch.

Wie sieht die gesetzliche Erbfolge aus? Eine Übersicht zum Herunterladen finden Sie hier (->)

Es gibt fünf Stufen der gesetzlichen Erbfolge, sie werden als sogenannte Ordnungen bezeichnet. Erben erster Ordnung sind beispielsweise eigene oder adoptierte Kinder. Enkel erben, wenn ihre eigenen Eltern nicht mehr leben. Erben dritter Ordnung sind zum Beispiel Großeltern.

Es gilt: Je direkter Sie mit dem Erblasser verwandt sind, desto größer ist Ihr Erbanteil.

Darüber hinaus kann in einem Testament festgelegt sein, wer was erben soll – auch ohne Verwandtschaftsgrad. Übrigens können nur Personen erben, die leben. Für Ungeborene gilt jedoch, dass sie im Erbrecht so behandelt werden, als wären sie vor dem Todesfall ihres Blut­sverwandten geboren.

Info: Sie müssen das Erbe nicht zwingend annehmen. Sie können es beim Nachlass­gericht ausschlagen, etwa wenn der Nachlass überschuldet ist.

Was Ehepartner erben

Ehepartner spielen in der gesetzlichen Erbfolge eine besondere Rolle. Sie gehören zu keiner der fünf Ordnungen, sondern werden grundsätzlich vor allen anderen Erben berücksichtigt. Dem Ehepartner steht mindestens ein Viertel der Erbschaft zu, wenn keine Gütertrennung vereinbart wurde - was meistens der Fall ist - die Hälfte. Leben keine Erben erster Ordnung kommt nochmal ein Viertel hinzu.

Wichtig zu wissen: Nichtverheiratete Personen, Verlobte und Lebensgefährten haben kein gesetzliches Erbrecht. Auch mit der Scheidung erlischt das Ehegattenerbrecht. Dies gilt sogar, wenn nur die Voraussetzungen der Scheidung vorliegen.

Die Erben­gemeinschaft

Wenn Sie gemeinsam mit anderen das Erbe antreten, bilden Sie eine Erben­gemeinschaft. Diese entsteht entweder im Rahmen der gesetzlichen Erbfolge oder auf Grundlage eines Testaments oder eines Erbvertrags. Das Ziel einer Erben­gemeinschaft ist in erster Linie die Verwaltung und Abwicklung des geerbten Nachlass­es. Bei der Erben­gemeinschaft wird daher von den Miterben gesprochen – im Gegensatz zum Alleinerben.

In vielen Fälle ist eine Erben­gemeinschaft eine Herausforderung, bei der es zu Erbstreitigkeiten kommen kann.

Der Pflichtteil

Jedem nahen Verwandten, in der Regel Kinder und Eltern, und Ehegatten steht ein Pflichtteil zu, auch wenn er laut Testament enterbt wurde. Ausgeschlossen sind Großeltern und Geschwister. Die Höhe des Pflichtteils ist immer gleich: Er beträgt die Hälfte des gesetzlichen Erbteils, der dem Erben zugestanden hätte.

Der Pflichtteils­anspruch bezeichnet immer einen Geldwert. Der Pflichtteils­nehmer hat also kein Recht auf den Erhalt von Gegenständen oder Immobilien aus dem Nachlass, sondern muss sich von den anderen Erben auszahlen lassen.

Wichtig zu wissen: Die enterbte Person muss ihren Pflichtteil gegenüber den anderen Erben geltend machen. Tut sie das nicht innerhalb der ersten drei Jahre, nachdem sie vom Erbfall erfahren hat, erlischt der Anspruch auf den Pflichtteil.

Der Schlusserbe

Als Schlusserbe werden Erben bezeichnet, die zuletzt Anspruch auf das Vermögen des Erblassers haben. Typischerweise gibt es Schlusserben in einem Berliner Testament: Stirbt ein Ehepartner, erbt der andere alles. Die erbberechtigten Kinder gehen vorerst leer aus. Sie sind die Schlusserben und erben erst dann, wenn beide Elternteile verstorben sind. Bei einem gemeinschaftlichen Testament können sich Eltern auch für andere Schlusserben als die eigenen Kinder entschieden haben.

Wer was erbt? Der Erb-Check:

Der Erb-Check hilft Ihnen, die wichtigsten Fragen in Bezug auf Erbschaft zu klären: Was erbe ich? Und muss ich Steuern zahlen? Diese Fragen sind oft entscheidend und können Unsicherheiten in einer ohnehin emotionalen Situation ausräumen.

Nachlass­werte

Zu Nachlass­werten zählen Immobilien oder sonstiger Grundbesitz, Bankkonten, Wertpapiere, der Inhalt von Schließfächern, Lebens­versicherungen, Betriebsvermögen, PKW, Hausrat und Kunstgegenstände oder sonstige Vermögenswerte als positives Vermögen.

Zum negativen Vermögen zählen Schulden. Auch vertragliche Zahlungsverpflichtungen können dazugehören.

Info: Für Lebens­versicherungen des Erblassers gelten Besonderheiten bei der Vererbung. Gegenstände aus dem Hausrat können im Erbfall gegebenenfalls dem Ehegatten als „Voraus“ zustehen oder sind unter Umständen als Hausrat zum Teil von der Erbschaftsteuer befreit.

Das Erbe versteuern

In den meisten Erbfällen reichen die Freibeträge aus, sodass keine Erbschaftssteuer fällig wird. Nutzen Sie unseren kostenlosen Erbschaftssteuerrechner, um herauszufinden, ob in Ihrem Fall Erbschaftssteuer fällig wird. In dem Artikel erklären wir außerdem, wie die Steuer funktioniert und wie hoch die Freibeträge und Steuersätze sind.

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