Vollerbe - Direkte Erbschaft des Partners
- Eheleute setzen sich im Erbfall häufig gegenseitig als Vollerben ein
- Der Vollerbe hat freie Verfügung über den Erblass, bevor es an den Nacherben vererbt wird
Die rechtsgültige und zweifelsfreie Formulierung eines Testaments ist von enormer Wichtigkeit. Nutzt ein Erblasser im Testament beispielsweise den Satz „nach meinem Tod soll zunächst mein Mann Frank alles bekommen, danach soll das Erbe an meine Tochter übergehen“, ist es nicht eindeutig, welchem Erben welche Rolle zugedacht wurde.
Anhand dieser Formulierung könnte man auch zu dem Schluss kommen, dass Ehemann und Kind als Vor- und Nacherben vorgesehen sind. In diesem Fall wäre der Ehemann aber nur Nutznießer des Vermögens, bis es schließlich an den Nacherben vererbt wird.
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Was ist ein Vollerbe?
Ein Vollerbe ist die Person, die zunächst als alleiniger Erbe die Erbschaft der oder des Verstorbenen antritt, bevor die gemeinsamen Kinder zu Schlusserben werden. Dieses Konstrukt ist vor allem unter Ehegatten beliebt. Dabei setzen sich Eheleute gegenseitig im Berliner Testament als Alleinerben ein. Das Vermögen des Erstversterbenden geht dann vollständig an den überlebenden Ehepartner über und erst nach dessen Tod an die gemeinsamen Kinder. Der überlebende Ehegatte ist damit Vollerbe und die Kinder sind Schlusserben des Erblassers. Der Ehegatte, der als Vollerbe eingesetzt ist, kann bis zu seinem eigenen Tod völlig frei über die Erblassenschaft verfügen. Dieses Konzept wird auch als Einheitslösung bezeichnet, die von der Trennungslösung abzugrenzen ist. Im Rahmen der Trennungslösung wird der noch lebende Partner nicht als Vollerbe eingesetzt, sondern als Vorerbe. Die Kinder sind dann mit dem Tod des zweiten Elternteils nicht Schlusserben, sondern Nacherben.
Worin sich Vorerbschaft und Nacherbschaft im Detail unterscheiden, erfahren Sie in unserem Lexikon.
Vollerbe gleich Alleinerbe?
Alleinerben sind Personen, die in die Gesamtrechtsnachfolge eines Verstorbenen eintreten; hierbei spielt es keine Rolle, ob die Rechtsnachfolge nach der gesetzlichen Erbfolge eintritt oder aufgrund einer entsprechenden Willensbekundung in Testament oder Erbvertrag. Alleinerben sind einerseits vom Vollerben abzugrenzen, die sich gemäß Berliner Testament vom Vorerben unterscheiden und andererseits vom Miterben abzugrenzen, die eine Erbengemeinschaft mit dem Ziel der Aufteilung des Erbes bilden. Hinterbliebene Ehegatten sind Alleinerben, wenn es in Testament oder Erbvertrag verfügt wird und gleichzeitig kein Verwandter aufgrund gesetzlicher Erbfolge Anspruch auf die Erblassenschaft hat.
Vollerbe vs. Schlusserbe im Erbrecht
Im Rahmen eines Berliner Testaments wählen sich Ehegatten gegenseitig als Vollerben, beziehungsweise Alleinerben – der Erstversterbende vermacht sein Vermögen damit in erster Linie vollständig an den Ehegatten, der wiederum frei darüber verfügen kann. Mit dieser Verfügung wird aktiv in die gesetzliche Erbfolge eingegriffen: Der Schlusserbe wird mit dem Tod des ersten Elternteils vom Erbe ausgeschlossen, also enterbt. Kinder des Verstorbenen zählen jedoch zu den Pflichtteilsberechtigten, sodass ihnen auch bei Enterbung der gesetzlich festgelegte Pflichtteil zusteht. Der noch lebende Ehegatte müsste den Kindern aus rechtlicher Sicht also eigentlich den Pflichtteil auszahlen, was dem Sinn des Berliner Testaments widerspricht. Um den Fall von Pflichtteilsansprüchen Dritter auszuschließen, bedienen sich viele Eheleute einem Kniff: Sie fügen dem gemeinschaftlichen Testament eine Pflichtteilsstrafklausel hinzu, die eine Pflichtteilsbeschränkung bewirkt und Dritte davon abhalten soll, nach dem Tod des Erstversterbenden auf die Auszahlung des Pflichtteils vom Erbe zu bestehen.