Versicherungspflichtgrenze: Definition, Höhe, Berechnung
- Die Versicherungspflichtgrenze oder Jahresarbeitsentgeltgrenze (JAEG) sagt aus, ab welchem Bruttojahresentgelt Arbeitnehmer die Wahl zwischen gesetzlicher und privater Krankenversicherung haben.
- Mitgerechnet werden neben dem Gehalt auch regelmäßige Einmalzahlungen wie Weihnachtsgeld oder ein 13. Monatsgehalt.
Versicherungspflichtgrenze – was ist das?
Die Versicherungspflichtgrenze oder Jahresarbeitsentgeltgrenze (JAEG) ist eine Rechengröße der Sozialversicherung, genauer der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV). Arbeitnehmer, deren regelmäßiges jährliches Arbeitsentgelt unterhalb der Versicherungspflichtgrenze liegt, sind in der gesetzlichen Krankenversicherung sowie in der daran gekoppelten Pflegeversicherung pflichtversichert. Liegt ihr Entgelt oberhalb der Versicherungspflichtgrenze der GKV, bezeichnet man sie als versicherungsfrei. Das bedeutet allerdings nicht, dass sie gar keine Versicherung benötigen: In Deutschland besteht eine generelle Krankenversicherungspflicht.
Versicherte können lediglich frei wählen, ob sie sich in der GKV oder der Privaten Krankenversicherung (GKV) versichern. Für die private Krankenversicherung sprechen zahlreiche Zusatzleistungen. Für manch einen ist es auch von Vorteil, dass die Beiträge zur PKV einkommensunabhängig sind und stattdessen anhand des individuellen Risikos des Versicherten berechnet werden.
Ob der Arbeitnehmer die JAEG über- oder unterschreitet, wird zu Beginn der Beschäftigung und bei jeder Änderung der Bezüge geprüft. Wer ein entsprechend hohes Bruttogehalt bekommt, kann sich direkt beim Berufseinstieg privat versichern, wer mit seinen Bezügen zunächst unterhalb der JAEG liegt und später eine Gehaltserhöhung bekommt, kann aus der GKV in die PKV wechseln. Bei Überschreiten der Versicherungspflichtgrenze im Laufe des Kalenderjahres wird der Arbeitnehmer allerdings erst mit Ablauf des Jahres versicherungsfrei. Andersherum gilt aber: Unterschreitet er die Grenze im Laufe des Jahres, tritt die Pflicht, sich gesetzlich zu versichern, sofort ein. Bei einer vorübergehenden Unterschreitung bleibt die Versicherungsfreiheit in der Regel bestehen: Das kann z. B. der Fall sein, wenn der Arbeitnehmer länger arbeitsunfähig war und nach einer Rehabilitation stufenweise in den Beruf zurückkehrt.
Die Versicherungspflichtgrenze ist nur für die Krankenversicherung relevant: Für die gesetzliche Rentenversicherung sowie die Arbeitslosenversicherung besteht einkommensunabhängig Versicherungspflicht.
Gut zu wissen: Für Selbstständige und Freiberufler sowie Beamte gilt die Jahresarbeitsentgeltgrenze nicht. Sie dürfen sich unabhängig vom Einkommen privat, aber auch freiwillig gesetzlich versichern.
Wie hoch ist die Versicherungspflichtgrenze?
Die Jahresarbeitsentgeltgrenze wird jährlich vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales angepasst. Ausschlaggebend ist die Entwicklung der Bruttolöhne und -gehälter der Arbeitnehmer. 2021 müssen gegen Entgelt Beschäftigte mindestens 64.350 Euro brutto pro Jahr verdienen, um zwischen der gesetzlichen und privaten Kranken- und Pflegeversicherung wählen zu können – das sind 5.362,50 Euro im Monat.
Der Überblick über die Versicherungspflichtgrenze der letzten Jahre:
Versicherungspflichtgrenze (Jahresbrutto) | Versicherungspflichtgrenze (Monatsbrutto) | |
---|---|---|
2021 | 64.350 Euro | 5.362,50 Euro |
2020 | 62.550 Euro | 5.212,50 Euro |
2019 | 60.750 Euro | 5.062,50 Euro |
2018 | 59.400 Euro | 4.950,00 Euro |
2017 | 57.600 Euro | 4.800,00 Euro |
2016 | 56.250 Euro | 4.687,50 Euro |
Wichtig: Häufig wird die Versicherungspflichtgrenze mit der Beitragsbemessungsgrenze verwechselt. Bei letzterer handelt es sich allerdings um die Grenze, bis zu der das Arbeitsentgelt bzw. die Rente für die Berechnung der Sozialversicherungsbeiträge herangezogen wird.
Besondere Versicherungspflichtgrenze
Die Versicherungspflichtgrenze liegt seit 2003 über der Beitragsbemessungsgrenze. Eine Ausnahme gilt für Arbeitnehmer, die zum 31.12.2002 bereits versicherungsfrei und privat versichert waren: Für sie sind die Versicherungspflichtgrenze und die Beitragsbemessungsgrenze gleich hoch – sie wären sonst durch die Gesetzesreform, die die deutliche Anhebung der Jahresarbeitsentgeltgrenze zur Folge hatte, benachteiligt gewesen. Im Zusammenhang mit dieser Sonderregelung ist von der „besonderen Versicherungspflichtgrenze“ die Rede. 2021 liegt sie wie die Beitragsbemessungsgrenze bei 58.050 Euro jährlich bzw. 4.837,50 Euro monatlich.
Die Abkopplung der Versicherungspflichtgrenze von der Beitragsbemessungsgrenze ist gesundheitspolitisch umstritten: Die privaten Krankenversicherer kritisieren, dass durch die Regelung viele Arbeitnehmer in der gesetzlichen Versicherung verbleiben müssen, die andernfalls potenzielle Kunden der Privatversicherer wären.
Versicherungspflichtgrenze – was zählt dazu?
Viele Arbeitnehmer sind sich unsicher, ob sie die Versicherungspflichtgrenze überschreiten. Welche Einkünfte zählen zum regelmäßigen jährlichen Arbeitsentgelt und welche nicht?
- Das Bruttojahresgehalt, das im Arbeitsvertrag steht, bzw., falls ein Monatsgehalt vereinbart wurde, das Zwölffache des Bruttomonatsgehalts, macht den Großteil des Jahresarbeitsentgelts aus.
- Weihnachtsgeld, ein 13. Monatsgehalt und ähnliche Zusatzzahlungen werden hinzugerechnet, sofern es wahrscheinlich ist, dass sie mindestens einmal jährlich gezahlt werden bzw. sie im Arbeits- oder Tarifvertrag vereinbart sind.
- Zuschläge, die aufgrund des Familienstands gezahlt werden, werden dem Jahresarbeitsentgelt nicht zugerechnet.
- Ebenfalls ausgenommen sind bezahlte Überstunden – es sei denn, es erfolgt eine regelmäßige pauschale Abgeltung.
- Bei mehreren Beschäftigungen werden die Arbeitsentgelte zusammengerechnet. Ausnahme: Der Arbeitnehmer hat außer dem Entgelt für seine Hauptbeschäftigung auch Einkünfte aus einem Minijob (bis zu 450 Euro): Diese zählen nicht zum Jahresarbeitsentgelt. Hat er eine Haupt- und mehrere Nebenbeschäftigungen, bleibt nur die zuerst aufgenommene Nebenbeschäftigung bei der Berechnung außen vor.
Tipp: Wer in der gesetzlichen Krankenversicherung bleiben möchte, kann dennoch eine private Krankenzusatzversicherung abschließen. Dasselbe gilt für eine private Pflegezusatzversicherung: Die die Leistungen der gesetzlichen Pflegekasse können im Pflegefall meist nur einen geringen Teil der Kosten decken.