Versicherungs­pflicht­grenze: Definition, Höhe, Berechnung

von Christina Horst
24.02.2021 (aktualisiert: 24.02.2021)
Das Wichtigste in Kürze:
  • Die Versicherungs­pflicht­grenze oder Jahresarbeitsentgeltgrenze (JAEG) sagt aus, ab welchem Bruttojahresentgelt Arbeitnehmer die Wahl zwischen gesetzlicher und privater Kranken­versicherung haben.
  • Mitgerechnet werden neben dem Gehalt auch regelmäßige Einmalzahlungen wie Weihnachtsgeld oder ein 13. Monatsgehalt.

Versicherungs­pflicht­grenze – was ist das?

Die Versicherungs­pflicht­grenze oder Jahresarbeitsentgeltgrenze (JAEG) ist eine Rechengröße der Sozial­versicherung, genauer der gesetzlichen Kranken­versicherung (GKV). Arbeitnehmer, deren regelmäßiges jährliches Arbeitsentgelt unterhalb der Versicherungs­pflicht­grenze liegt, sind in der gesetzlichen Kranken­versicherung sowie in der daran gekoppelten Pflege­versicherung pflichtversichert. Liegt ihr Entgelt oberhalb der Versicherungs­pflicht­grenze der GKV, bezeichnet man sie als versicherungsfrei. Das bedeutet allerdings nicht, dass sie gar keine Versicherung benötigen: In Deutschland besteht eine generelle Kranken­versicherungspflicht.

Versicherte können lediglich frei wählen, ob sie sich in der GKV oder der Privaten Kranken­versicherung (GKV) versichern. Für die private Kranken­versicherung sprechen zahlreiche Zusatzleistungen. Für manch einen ist es auch von Vorteil, dass die Beiträge zur PKV einkommensunabhängig sind und stattdessen anhand des individuellen Risikos des Versicherten berechnet werden.

Ob der Arbeitnehmer die JAEG über- oder unterschreitet, wird zu Beginn der Beschäftigung und bei jeder Änderung der Bezüge geprüft. Wer ein entsprechend hohes Bruttogehalt bekommt, kann sich direkt beim Berufseinstieg privat versichern, wer mit seinen Bezügen zunächst unterhalb der JAEG liegt und später eine Gehaltserhöhung bekommt, kann aus der GKV in die PKV wechseln. Bei Überschreiten der Versicherungs­pflicht­grenze im Laufe des Kalenderjahres wird der Arbeitnehmer allerdings erst mit Ablauf des Jahres versicherungsfrei. Andersherum gilt aber: Unterschreitet er die Grenze im Laufe des Jahres, tritt die Pflicht, sich gesetzlich zu versichern, sofort ein. Bei einer vorübergehenden Unterschreitung bleibt die Versicherungsfreiheit in der Regel bestehen: Das kann z. B. der Fall sein, wenn der Arbeitnehmer länger arbeitsunfähig war und nach einer Rehabilitation stufenweise in den Beruf zurückkehrt.

Die Versicherungs­pflicht­grenze ist nur für die Kranken­versicherung relevant: Für die gesetzliche Renten­versicherung sowie die Arbeitslosen­versicherung besteht einkommensunabhängig Versicherungspflicht.

Gut zu wissen: Für Selbstständige und Freiberufler sowie Beamte gilt die Jahresarbeitsentgeltgrenze nicht. Sie dürfen sich unabhängig vom Einkommen privat, aber auch freiwillig gesetzlich versichern.

Wie hoch ist die Versicherungs­pflicht­grenze?

Die Jahresarbeitsentgeltgrenze wird jährlich vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales angepasst. Ausschlaggebend ist die Entwicklung der Bruttolöhne und -gehälter der Arbeitnehmer. 2021 müssen gegen Entgelt Beschäftigte mindestens 64.350 Euro brutto pro Jahr verdienen, um zwischen der gesetzlichen und privaten Kranken- und Pflege­versicherung wählen zu können – das sind 5.362,50 Euro im Monat.

Der Überblick über die Versicherungs­pflicht­grenze der letzten Jahre:

Versicherungs­pflicht­grenze (Jahresbrutto)

Versicherungs­pflicht­grenze (Monatsbrutto)

2021

64.350 Euro

5.362,50 Euro

2020

62.550 Euro

5.212,50 Euro

2019

60.750 Euro

5.062,50 Euro

2018

59.400 Euro

4.950,00 Euro

2017

57.600 Euro

4.800,00 Euro

2016

56.250 Euro

4.687,50 Euro

Wichtig: Häufig wird die Versicherungs­pflicht­grenze mit der Beitrags­bemessungs­grenze verwechselt. Bei letzterer handelt es sich allerdings um die Grenze, bis zu der das Arbeitsentgelt bzw. die Rente für die Berechnung der Sozial­versicherungsbeiträge herangezogen wird.

Besondere Versicherungs­pflicht­grenze

Die Versicherungs­pflicht­grenze liegt seit 2003 über der Beitrags­bemessungs­grenze. Eine Ausnahme gilt für Arbeitnehmer, die zum 31.12.2002 bereits versicherungsfrei und privat versichert waren: Für sie sind die Versicherungs­pflicht­grenze und die Beitrags­bemessungs­grenze gleich hoch – sie wären sonst durch die Gesetzesreform, die die deutliche Anhebung der Jahresarbeitsentgeltgrenze zur Folge hatte, benachteiligt gewesen. Im Zusammenhang mit dieser Sonderregelung ist von der „besonderen Versicherungs­pflicht­grenze“ die Rede. 2021 liegt sie wie die Beitrags­bemessungs­grenze bei 58.050 Euro jährlich bzw. 4.837,50 Euro monatlich.

Die Abkopplung der Versicherungs­pflicht­grenze von der Beitrags­bemessungs­grenze ist gesundheitspolitisch umstritten: Die privaten Kranken­versicherer kritisieren, dass durch die Regelung viele Arbeitnehmer in der gesetzlichen Versicherung verbleiben müssen, die andernfalls potenzielle Kunden der Privatversicherer wären.

Versicherungs­pflicht­grenze – was zählt dazu?

Viele Arbeitnehmer sind sich unsicher, ob sie die Versicherungs­pflicht­grenze überschreiten. Welche Einkünfte zählen zum regelmäßigen jährlichen Arbeitsentgelt und welche nicht?

  • Das Bruttojahresgehalt, das im Arbeitsvertrag steht, bzw., falls ein Monatsgehalt vereinbart wurde, das Zwölffache des Bruttomonatsgehalts, macht den Großteil des Jahresarbeitsentgelts aus.
  • Weihnachtsgeld, ein 13. Monatsgehalt und ähnliche Zusatzzahlungen werden hinzugerechnet, sofern es wahrscheinlich ist, dass sie mindestens einmal jährlich gezahlt werden bzw. sie im Arbeits- oder Tarifvertrag vereinbart sind.
  • Zuschläge, die aufgrund des Familienstands gezahlt werden, werden dem Jahresarbeitsentgelt nicht zugerechnet.
  • Ebenfalls ausgenommen sind bezahlte Überstunden – es sei denn, es erfolgt eine regelmäßige pauschale Abgeltung.
  • Bei mehreren Beschäftigungen werden die Arbeitsentgelte zusammengerechnet. Ausnahme: Der Arbeitnehmer hat außer dem Entgelt für seine Hauptbeschäftigung auch Einkünfte aus einem Minijob (bis zu 450 Euro): Diese zählen nicht zum Jahresarbeitsentgelt. Hat er eine Haupt- und mehrere Nebenbeschäftigungen, bleibt nur die zuerst aufgenommene Nebenbeschäftigung bei der Berechnung außen vor.

Tipp: Wer in der gesetzlichen Kranken­versicherung bleiben möchte, kann dennoch eine private Kranken­zusatz­versicherung abschließen. Dasselbe gilt für eine private Pflege­zusatz­versicherung: Die die Leistungen der gesetzlichen Pflege­kasse können im Pflege­fall meist nur einen geringen Teil der Kosten decken.

Quellen

Christina Horst

Christina Horst war bis Januar 2021 Content Managerin bei Afilio und schrieb vor allem über Vorsorge­themen wie die Patienten­verfügung und die Vorsorge­vollmacht. Zuvor war sie als Online-Redakteurin und Lektorin in Unternehmen und Agenturen sowie als freie Journalistin tätig.

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