Häusliche Pflege: Betreuung in den eigenen vier Wänden

von Afilio
25.02.2021 (aktualisiert: 25.01.2024)
Das Wichtigste in Kürze:
  • Als häusliche Pflege wird in der Regel die Betreuung durch Angehörige oder Ehrenamtliche in der eigenen Wohnung bezeichnet. Werden professionelle Pflege­dienste beauftragt, ist die Rede von ambulanter Pflege.
  • Ab Pflege­grad 2 stehen Pflege­bedürftigen finanzielle Leistungen der Pflege­versicherung zu, die sie beantragen sollten, um Zuschüsse zur häuslichen Pflege zu erhalten.
  • Pflege­bedürftige haben mehrere Möglichkeiten über den Zuschuss zur Wohnraum­anpassung oder vergünstigte KfW-Mittel die eigenen vier Wände barrierefrei zu gestalten.
  • Mindestens 12 Milliarden Euro dieser Leistungsansprüche bleiben nach neuesten Erkenntnissen jährlich ungenutzt.

Gründe für die häusliche Pflege

Wird eine Person pflegebedürftig, kostet es sie häufig viel Überwindung, in ein geeignetes Pflege­heim umzuziehen. Oftmals möchte der Betroffene lieber weiter in den eigenen vier Wänden wohnen. Die häusliche Versorgung ermöglicht es pflegebedürftigen Menschen, in ihrer gewohnten Umgebung zu verbleiben und trotzdem optimal versorgt zu werden.

Wer sich dafür entscheidet, einen Angehörigen zu Hause zu pflegen, hilft ihm dabei, weiterhin einen Teil seiner Freiheit und Selbstbestimmung auszuleben. Nähe zu Familie, Freunden und Nachbarn ist ein weiterer Vorteil. Auch die Kosten können ein Grund sein: Sie sind deutlich niedriger als der finanzielle Aufwand für einen Platz im Seniorenheim.

Aufgaben der häuslichen Pflege

Das Aufgabenspektrum in der häuslichen Pflege ergibt sich aus dem Pflege­grad des Betroffenen. Grundsätzlich sind die Pflege­leistungen allerdings in sechs Bereiche aufzuteilen:

  • Körperbezogene Pflege­maßnahmen: Der Pflege­nde hilft etwa beim An- und Auskleiden, beim Waschen und Kämmen, der Nagelpflege und bei Toilettengängen.
  • Hilfe bei der Ernährung: Wenn nötig, muss der Pflege­nde nicht nur beim Kochen, sondern auch bei der Nahrungsaufnahme helfen. Hat der Betroffene eine Magensonde, muss sich der Pflege­nde ggf. auch um die künstliche Ernährung und die Reinigung der Sonde kümmern.
  • Hilfe im Haushalt: Putzen, einkaufen, Wäsche waschen – häufig brauchen pflegebedürftige Personen besonders im Haushalt Unterstützung.
  • Begleitung: Zur Versorgung gehört auch die Begleitung zu ärztlichen oder anderen Terminen.
  • Beschäftigung: Es gilt nicht nur, den Pflege­bedürftigen zu Hause zu pflegen, sondern ihm auch einen abwechslungsreichen Alltag zu ermöglichen. Angehörige sollten Pflege­bedürftigen z. B. Ausflüge und Treffen mit Freunden ermöglichen.
  • Medizinische Maßnahmen: Das kann die Hilfe bei der Einnahme von Medikamenten oder das Anlegen medizinischer Hilfsmittel (z. B. Kompressionsstrümpfe) sein. Weiterführende medizinischen Maßnahmen, etwa die Wundversorgung oder die Verabreichung von Spritzen, sollte geschultes medizinisches Personal übernehmen.
Häusliche Pflege: Angehöriger hilft Pflegebedürftigem beim Schuhe zubinden.
Zur häuslichen Pflege gehört die Unterstützung im Haushalt oder die Hilfe beim An- und Auskleiden.

Häusliche Pflege durch Angehörige

Bis auf weiterführende medizinische Maßnahmen können Angehörige alle Pflege­aufgaben selbst übernehmen. Spezielle Kurse vermitteln Angehörigen, wie sie die Versorgung eines Verwandten bewerkstelligen. Die Kurse sind kostenlos und vermitteln alle Grundlagen der Pflege. Sie können sowohl online, in Kursräumen von Kirchen, Volkshochschulen, Pflege­kassen oder Sozialverbänden, als auch bei der pflegebedürftigen Person zu Hause stattfinden. Letzteres hat den Vorteil, dass der Kursleiter auf die reale Pflege­situation eingehen kann.

Gut zu wissen: Wenn Sie selbst fürchten einmal pflegebedürftig zu werden, ist es sinnvoll, schon jetzt eine Pflege­verfügung aufzusetzen. Das Dokument sollte alle Ihre Wünsche und Vorstellungen für die Pflege enthalten.

Ergänzung der häuslichen Pflege: Ambulante Pflege

Gerade wenn die gepflegte Person regelmäßig medizinische Behandlungen benötigt, wird die Unterstützung durch einen ambulanten Pflege­dienst unabdingbar. Oftmals sind Pflege­dienste eine willkommene Unterstützung für Familien – besonders wenn der Pflege­bedürftige viel Aufmerksamkeit benötigt und Angehörige voll berufstätig sind. Zusätzlich kann ein Pflege­dienst zur Beratung hinzugezogen werden und Betroffenen Fragen zur Pflege beantworten. Auch wenn Angehörige Unterstützung bei Verhinderung oder bei der nächtlichen Versorgung des Pflege­bedürftigen benötigen, ist die Ergänzung durch einen ambulanten Pflege­dienst sinnvoll. Muss eine Person rund um die Uhr zu Hause betreut werden, kann eine 24-Stunden-Pflege die Lösung sein.

24-Stunden-Pflege im eigenen Zuhause

Pflege­bedürftigkeit kann ebenso plötzlich wie unerwartet entstehen, etwa durch einen Unfall oder Krankheit. Die 24-Stunden-Pflege macht es möglich, dann in den eigenen Wänden zu bleiben. Angesichts der hohen Stundenzahl und der dabei entstehenden Kosten kommen oft ausländische Pflege­kräfte zum Einsatz, die in vielen Fällen mit Pflege­bedürftigen gemeinsam im selben Haushalt leben. Die Pflege­kraft ist zwar immer in Reichweite, benötigt allerdings auch geregelte Arbeitszeiten und Erholungsphasen wie Arbeitnehmer in anderen Berufen.

Wer intensive und dauerhafte Pflege benötigt, kann auch mehrere Betreuungs- und Pflege­kräfte beschäftigen, die sich mit der Pflege abwechseln, oder ein kombiniertes Betreuungsangebot in Anspruch nehmen. Meist wird die Grundpflege von pflegenden Angehörigen oder sogenannten „polnischen Pflege­kräften“ geleistet, während die medizinische Behandlungs­pflege von einem Pflege­dienst übernommen wird.

Was steht pflegenden Angehörigen zu?

Grundsätzlich arbeiten Familienmitglieder und andere private Pflege­personen ehrenamtlich. Doch der Staat und die gesetzliche Pflege­versicherung sehen bestimmte Leistungen vor, damit pflegende Angehörige …

  • … ihre Aufgabe besser mit dem Beruf vereinbaren können
  • … finanziell unterstützt werden
  • … Entlastung vom Alltag zwischen Pflege, Beruf und Familie erfahren
  • … Sicherheit und Qualität der häuslichen Pflege gewährleisten können

Um die Pflege­leistungen und weitere Unterstützungsangebote in vollem Umfang nutzen zu können, sollte der erste Schritt im Pflege­fall immer sein, einen Pflege­grad zu beantragen. Denn erst, wenn dieser anerkannt wurde, erhält sie Leistungen der Pflege­kasse, die auch pflegenden Angehörigen zugutekommen.

Mehr dazu erfahren Sie hier: Pflege­grad beantragen: So einfach geht's

Häusliche Pflege: Was zahlt die Kranken­kasse?

Verantwortlich für die Bezahlung von Pflege­leistungen sind die Pflege­kassen der Kranken­kassen. Das gilt sowohl für gesetzlich als auch privat Versicherte. Während gesetzlich Versicherte automatisch in die Pflege­versicherung einzahlen, müssen privat Versicherte eine zusätzliche Pflege­versicherung abschließen. Für die häusliche Pflege steht Pflege­bedürftigen mit dem Pflege­grad 2, Pflege­grad 3, Pflege­grad 4 und Pflege­grad 5 nach § 64a Sozialgesetzbuch XII das sogenannte Pflege­geld zu.

Die Höhe der Leistungen richtet sich nach dem Pflege­grad des Versicherten. Pflege­geld und Sachleistungen wurden Anfang 2024 erhöht. Das Pflege­geld kann ein Betroffener in die finanzielle Unterstützung der pflegenden Angehörigen investieren. Muss der Wohnraum angepasst werden, können Betroffene nach § 40 Abs. 4 Sozialgesetzbuch XI bei der Pflege­kasse finanzielle Unterstützung beantragen.

Im Einzelfall stehen ihnen bis zu 4000 Euro zu, die sie für unterstützende Pflege­vorrichtungen, wie Treppen- oder Badewannenlifte, als auch Umbaumaßnahmen, wie z. B. dem Einbau einer ebenerdigen Dusche, einsetzen können.

Wichtig: Bei gemieteten Wohnungen oder Häusern ist es notwendig, die Zustimmung des Eigentümers für geplante Umbaumaßnahmen einzuholen.

Barrierefreies Zuhause

Während Pflege­kassen beim Wohnraum­zuschuss in der Regel maßnahmenbasiert im Einzelfall bewilligen, ist es bei größeren Projekten mithilfe von KfW-Mitteln in aller Regel notwendig, DIN-konforme Baupläne vorzulegen. Näheres dazu erfahren Betroffene und Angehörige in der Bauordnung ihres Bundeslands.

Pflege zuhause
Über 12 Milliarden Euro jährlich ungenutzt

Die Summe der verfallenen Ansprüche von Personen mit Pflege­grad beläuft sich jährlich auf mindestens 12 Milliarden Euro. Das fand eine Studie im Auftrag des Sozialverbandes VdK heraus. Demnach werden je nach Art der Pflege­leistungen zwischen 62 und 93 Prozent nicht abgerufen.

Wie beantrage ich die häusliche Pflege?

Die häusliche Pflege selbst muss nicht beantragt werden. Ab Pflege­grad 2 stehen Pflege­bedürftigen jedoch finanzielle Leistungen der Pflege­versicherung zu, die sie beantragen sollten, um Zuschüsse zur häuslichen Pflege zu erhalten. Um die entsprechenden finanziellen Leistungen für häusliche Pflege in Anspruch nehmen zu können, müssen Betroffene einen Pflege­grad beantragen.

Die Kranken­kasse beauftragt dann einen Gutachter vom Medizinischen Dienst, bei gesetzlich Versicherten, oder von MEDICPROOF, bei privat Versicherten. Der Gutachter besucht den Antragsteller in seiner Wohnung und beobachtet ihn in seinem Alltag. Ziel der MDK Begutachtung bzw. der Begutachtung durch MEDICPROOF ist es, das Ausmaß der Pflege­bedürftigkeit festzustellen. Im Anschluss entsteht ein Gutachten, das der Pflege­kasse als Grundlage für die Vergabe des Pflege­grades dient. Der Pflege­bedürftige bekommt dann eine Mitteilung über den zuerkannten Pflege­grad (früher Pflege­stufe). Meist wird auch das zugrundliegende Gutachten mitgesendet.

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Hilfe und Ansprechpartner für die häusliche Pflege

Die Pflege­kassen sind gesetzlich verpflichtet, für pflegebedürftige Versicherte eine individuelle Pflege­beratung anzubieten. Hilfe bekommen Betroffene und pflegende Angehörige auch in den Pflege­stützpunkten der Kranken­kassen.

Wo sich der nächste Pflege­stützpunkt befindet, ist in der Datenbank des Zentrums für Qualität in der Pflege (ZQP) aufgeführt.

Reha und mehr: Wenn Pflege­nde selbst Unterstützung brauchen

Trotz der vom Gesetzgeber vorgesehenen Entlastungsangebote und des finanziellen Ausgleichs: Die Versorgung eines Pflege­bedürftigen ist kräftezehrend. Häufig bleibt pflegenden Angehörigen zu wenig Zeit für die Erholung. Ihren Urlaub oder ihre freien Tage können sie oft nicht genießen – zu schwer fällt es abzuschalten, zu groß sind die Schuldgefühle, ihr pflegebedürftiges Familienmitglied allein zu lassen. Mitunter geraten pflegende Angehörige so in ein Burnout oder einen Erschöpfungszustand.

Darum sind Unterstützungsangebote für Pflege­personen ebenso wichtig wie die für Pflege­bedürftige. Dabei gibt es ein breites Spektrum an Möglichkeiten:

  • Pflege­beratung gibt es in regionalen Beratungszentren oder bei Hotlines.
  • Selbsthilfegruppen sind an vielen Orten aktiv, damit sich Betroffene austauschen und gegenseitig unterstützen können.
  • Therapien bei Psychotherapeuten oder Psychiatern können helfen, mit den Belastungen als Pflege­person besser zurechtzukommen und gegebenenfalls auch familiäre Spannungen aufzuarbeiten.
  • Reha oder eine Kur kann der Hausarzt verordnen, um psychische, aber auch körperliche Erschöpfungszustände zu behandeln.
  • Kleine Auszeiten vom Alltag können Pflege­personen helfen, neue Kraft zu schöpfen.
  • Urlaub ist wichtig, denn der Erholungseffekt setzt oft erst bei einer längeren Pause ein. Auch ein gemeinsamer Urlaub mit der pflegebedürftigen Person ist eine Möglichkeit: Sogenannte Pflege­hotels sind optimal auf pflegebedürftige Gäste eingestellt. Sie sind barrierefrei, haben ein Notrufsystem, einen bedarfsgerechten Zimmerservice und in der Regel einen eigenen Pflege­dienst direkt vor Ort.

Grundsätzlich sollten pflegende Angehörige bei einer Überforderung auch immer in Erwägung ziehen, sich wenigstens bei einem Teil der Aufgaben von einem ambulanten Pflege­dienst unterstützen zu lassen.

Vorsorge: Pflege­nde Angehörige entlasten

Für den potenziellen Pflege­fall sollte jeder rechtzeitig vorsorgen. Einerseits entstehen im Ernstfall hohe Kosten, die die gesetzliche Pflege­versicherung nicht vollständig abdeckt – darum ist finanzielle Vorsorge wichtig, gegebenenfalls in Form einer Pflege­zusatz­versicherung. Andererseits ist auch die rechtliche Vorsorge wichtig: Damit in jedem Fall gewährleistet ist, dass der Wille des Betroffenen umgesetzt wird, sind bestimmte Dokumente unverzichtbar:

Wer diese drei Vorsorge­dokumente noch nicht besitzt, sollte sie baldmöglichst aufsetzen. Das entlastet auch pflegende Angehörige: Schließlich stehen sie im Ernstfall unter Umständen vor schwierigen Entscheidungen, wenn ihnen die Wünsche ihres Verwandten nicht bekannt sind und er sich selbst einmal nicht mehr äußern kann.

Quellen

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