Pflege­grad 1 – Voraussetzungen, Bedingungen und Leistungen

von Afilio
21.08.2019 (aktualisiert: 31.01.2024)
Das Wichtigste in Kürze:
  • Seit dem 1. Januar 2017 sind die neuen Pflege­grade maßgeblich für den Anspruch auf Leistungen der Pflege­kasse. Vorher hießen sie Pflege­stufen.
  • Pflege­grad 1 ist der niedrigste Grad der Pflege­bedürftigkeit. Betroffene erhalten ihn, wenn sie in geringem Maße in ihrer Selbständigkeit eingeschränkt sind und eine Versorgung auf niedrigem Level benötigen.
  • Wer im Rahmen der medizinischen Begutachtung zwischen 12,5 und 27 Punkten erreicht, erhält Pflege­grad 1 und hat damit Anspruch auf Leistungen zur Alltagsentlastung oder zur kurzfristigen stationären Unterbringung von jeweils 125 Euro im Monat.
  • Pflege­geld gibt es ab Pflege­grad 2. Ab 1. Januar 2024 wird das Pflege­geld mit der neuen Pflege­reform um 5 % erhöht.
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Was ist Pflege­grad 1?

Mit Pflege­grad 1 werden Personen klassifiziert, die geringfügige Einschränkungen ihrer Selbständigkeit geltend machen können. Dabei ist die Selbständigkeit des Betroffenen im Alltag ausschlaggebend für die Beurteilung der Pflege­bedürftigkeit.

Der Pflege­grad 1 stellt gegenüber der alten Klassifikation eine Neuerung dar, denn die Maßgabe einer allein geringfügigen Beeinträchtigung wurde bis 2017 vom Anspruchskatalog der Pflege­versicherung in den bisherigen Pflege­stufen nicht abgedeckt. Die Umstellung der Pflege­stufen 1 bis 3 zu Pflege­grad 1 bis 5 gab auch Demenzkranken und psychisch Kranken die Chance, als Pflege­bedürftige anerkannt zu werden und damit Leistungen der Pflege­kasse zu beziehen.

Wer erhält Pflege­grad 1?

Pflegegrad 1 Punkte Neues Begutachtungsassessment
NBA Punktevergabe Pflege­grad 1

Eine Anerkennung von Pflege­grad 1 ist möglich, sobald eine geringe Beeinträchtigung der Selbstständigkeit vorliegt. Pflege­bedürftige, die Pflege­leistungen von den Pflege­kassen benötigen, können einen formlosen Antrag auf Pflege­leistung bei ihrer Pflege­kasse / Pflege­versicherung stellen. Die Versicherung beauftragt dann im Anschluss bei gesetzlich Versicherten einen Gutachter vom Medizinischen Dienst der Kranken­versicherung / MDK (oder bei privat Versicherten von MEDICPROOF), der die medizinische Begutachtung zur Feststellung von akutem Pflege­bedarf ermittelt.

Der Pflege­grad 1 ist eine Neuerung im SGB XI. Ihm liegt keine vollständig äquivalente Pflege­stufe zugrunde. Er wurde eingeführt, um Betroffene mit leichten Einschränkungen zu unterstützen. Mit dem Pflege­stärkungsgesetz II wurde neben den Pflege­graden auch das Neue Begutachtungs­assessment (NBA) eingeführt, um den Pflege­grad zu ermitteln. Gutachter erfassen auf Grundlage einer standardisierten Beurteilung, ob der Antragsteller die Bedingungen zur Bewilligung eines Pflege­grads erfüllt, also ob und wie viel Unterstützung er zur Bewältigung des Alltags benötigt.

Der Gutachter berechnet zunächst pro Kategorie eine Punktzahl und ermittelt zuletzt einen Gesamtpunktwert, der den Pflege­grad bestimmt. Dabei gilt: Je höher die Punktzahl, desto höher der Pflege­grad und damit Anspruch auf Pflege­leistungen. Die Punkte werden anhand eines systematischen Verfahrens gewichtet. Erst ab einer Punktzahl von 12,5 Punkten besteht überhaupt eine nachweisbare Pflege­bedürftigkeit.

Pflege­grad 1 liegt im Messpunktbereich von 12,5 bis 27 Punkten. Wer weniger Punkte erhält, ist nicht in ausreichendem Maß pflegebedürftig, bei einem höheren Wert haben Betroffene bereits Anspruch auf Pflege­leistungen nach Pflege­grad 2.

Wie Sie einen Pflege­grad beantragen und wie Sie sich optimal für die MDK-Begutachtung vorbereiten, erfahren Sie ebenfalls bei uns.

NBA: Gewichtung der Punkte zur Feststellung der Selbständigkeit
Nicht alle Bereiche werden gleich gewichtet. Maßgeblich für die Einstufung ist in erster Linie die Fähigkeit zur Selbstversorgung, aber auch der Umgang mit der eigenen Situation.

Pflege­begutachtung: Sechs Module zur Ermittlung des Pflege­bedarfs

Ein Gutachter ermittelt anhand folgender sechs Module den individuellen Pflege­bedarf:

  • Mobilität: Wie selbständig bewegt sich der Begutachtete zuhause?
  • Kognitive und kommunikative Fähigkeiten: Wie gut findet sich der Betroffene im Alltag zurecht? Hat er eine zeitliche und örtliche Orientierung? Ist er in der Lage, Entscheidungen zu treffen?
  • Verhalten und psychische Probleme: Schläft der Versicherte in der Nacht? Gibt es Verhaltensauffälligkeiten?
  • Selbständige Versorgung: Ist der Antragsteller dazu in der Lage, sich um die eigene Körperhygiene zu kümmern, sowie sich an- und auszukleiden? Ist es ihm möglich, sich mit Mahlzeiten und Getränken zu versorgen?
  • Verhalten bei krankheits- oder therapiebedingten Belastungen: Inwieweit ist der Antragsteller in der Lage, Medikation, Arztbesuche und eventuell Katheter und Stoma zu bewältigen?
  • Alltag und soziale Kontakte: Kann sich der Begutachtete selbst beschäftigen und seinen Tag strukturieren? Pflegt er soziale Kontakte?

Welche Leistungen gibt es bei Pflege­grad 1?

Betroffene mit Pflege­grad 1 haben keinen Anspruch auf Pflege­geld oder Pflege­sachleistung. Da sie zumeist noch in der Lage sind, die meisten Verrichtungen des Alltags selbständig zu leisten, werden keine Geldmittel zur Bereitstellung einer zusätzlichen Hilfe bewilligt: Geringe Beeinträchtigung bedeutet in diesem Falle auch geringere finanzielle Unterstützung. Allerdings haben auch Pflege­bedürftige mit Pflege­grad 1 Anspruch auf Betreuungs- und Entlastungsleistungen in Höhe von 125 Euro.

Dieser Beitrag dient dazu, Betroffene bei Aufgaben des Alltags zu unterstützen. Das Geld kann etwa für eine Einkaufshilfe, eine Haushaltshilfe oder eine Begleitung bei längeren Fußwegen genutzt werden. (Theoretisch ließen sich damit auch andere Leistungen wie eine stationäre Unterbringung finanzieren. Angesichts der geringen Höhe des Betrags sollten Betroffene, die tatsächlich stationäre Betreuung benötigen, besser einen Antrag auf Erhöhung ihres Pflege­grads stellen). Mit dem Entlastungsbeitrag bei Pflege­grad 1 haben Betroffene die Möglichkeit zur:

  • Teilnahme an einer betreuten Gruppe für leicht Hilfsbedürftige
  • Inanspruchnahme eines Alltagsbegleiters sowie einer Einkaufshilfe
  • Einstellung einer gelegentlichen Haushaltshilfe, die körperlich anstrengende Arbeiten im Haushalt übernimmt und unterstützt

Betroffene, die größeren Unterstützungsbedarf haben, sollten ihren Pflege­grad erhöhen, um weitere Leistungen in Anspruch nehmen zu können.

Pflege­leistungen ab 1. Januar 2024

Pflege­grad 1

Pflege­grad 2

Pflege­grad 3

Pflege­grad 4

Pflege­grad 5

Pflege­geld

0 €

332 €

573 €

765 €

947 €

Pflege­sachleistungen

0 €

761 €

1432 €

1778 €

2200 €

Tagespflege und Nachtpflege

0 €

689 €

1298 €

1612 €

1995 €

Entlastungs­betrag

125 €

125 €

125 €

125 €

125 €

Stationäre Pflege

770 €

1262 €

1775 €

2005 €

Kein Anspruch auf Kurzzeitpflege bei Pflege­grad 1

Versicherte mit Pflege­grad 1 haben keinen Anspruch auf Kurzzeitpflege. Erst ab Pflege­grad 2 zahlt die Pflege­kasse hierfür Leistungen. Alternativ gibt es jedoch einen Anspruch gegenüber der Kranken­versicherung auf eine sogenannte Überleitungspflege, nur in Ausnahmefällen auch auf Kurzzeitpflege.

Kein Anspruch auf Verhinderungs­pflege bei Pflege­grad 1

Da Menschen mit Pflege­grad 1 nicht als betreuungsbedürftig gelten, haben sie auch auf Geldleistung für Verhinderungs­pflege keinen Anspruch, da keine pflegenden Angehörigen im Ausnahmefall ersetzt werden müssen.

Zuschüsse zu ambulanter oder stationärer Pflege

Pflege­bedürftigen mit Pflege­grad 1 stehen zwar weder Pflege­geld noch Pflege­sachleistungen oder Mittel für die Tages- und Nachtpflege zu, sie können aber den Entlastungsbeitrag für zusätzliche Betreuungs- und Hilfsleistungen verwenden. Für eine kurzzeitige Unterbringung in stationärer Pflege stehen ihnen 125 Euro monatlich zur Verfügung.

Beratung und Pflege­kurse

Darüber hinaus haben Menschen mit Pflege­grad 1 Anrecht auf eine regelmäßige Beratung zur Verbesserung ihrer Lebensqualität, die von der Pflege­kasse bezahlt wird. Angehörigen und ehrenamtlichen Pflege­personen steht außerdem ein kostenloser Pflege­kurs zu. Grundsätzlich sinnvoll zur vollständigen Absicherung der Pflege­kosten ist eine private Pflege­versicherung.

Zusätzliche Leistungen bei häuslicher Pflege

  • Zuschuss zur Wohnraum­anpassung
    Für eventuelle Umbauten, die barrierefreies Wohnen ermöglichen, können maßnahmenbezogen bis zu 4.000 Euro in Anspruch genommen werden. Dazu gehört beispielsweise der Einbau eines Treppenlifts oder der Umbau des Badezimmers. Bei steigendem Pflege- und Betreuungsbedarf ist es auch möglich, den Zuschuss erneut zu beantragen.

  • Medizinische Hilfsmittel und Pflege­hilfsmittel
    Auch Pflege­bedürftige mit Pflege­grad 1 haben Anspruch auf Zuschüsse für Pflege­hilfsmittel oder medizinische Hilfsmittel (z. B. ein Hausnotruf) und eine Pauschale für den Kauf zum Verbrauch bestimmter Hilfsmittel in Höhe von monatlich 40 Euro, die häufig in Form einer Pflege­box bewilligt werden. Wie alle Pflege­bedürftigen haben sie zudem Anrecht auf regelmäßige Beratung zur Verbesserung ihrer Lebensqualität, die von der Pflege­kasse bezahlt wird. Darüber hinaus steht Angehörigen und ehrenamtlichen Pflege­personen ein kostenloser Pflege­kurs zu.

  • Förderung für Bewohner von Wohngruppen oder WGs
    Auch Betroffene in ambulant betreuten Wohngruppen oder sogenannten Senioren-WGs erhalten Pflege­leistungen zur Wohnraum­anpassung, wenn bis zu vier Versicherte mit Pflege­grad gemeinsam in einer Wohneinheit untergebracht sind.

    Desweiteren steht allen vier Bewohnern jeweils ein einmaliger Einrichtungs­zuschuss von 4.000 Euro zu, außerdem ein monatlicher Zuschuss für eine Haushaltskraft in Höhe von jeweils 214 Euro. Außerdem erhalten sie einen einmaligen WG-Gründungs­zuschuss in Höhe von 2.500 Euro. Da die notwendigen Gesamtkosten jedoch häufig deutlich höher sind, ist zur vollständigen Abdeckung der Abschluss einer privaten Pflege­zusatz­versicherung sinnvoll.

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Quellen

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