Pflegegrad 1 – Voraussetzungen, Bedingungen und Leistungen
- Seit dem 1. Januar 2017 sind die neuen Pflegegrade maßgeblich für den Anspruch auf Leistungen der Pflegekasse. Vorher hießen sie Pflegestufen.
- Pflegegrad 1 ist der niedrigste Grad der Pflegebedürftigkeit. Betroffene erhalten ihn, wenn sie in geringem Maße in ihrer Selbständigkeit eingeschränkt sind und eine Versorgung auf niedrigem Level benötigen.
- Wer im Rahmen der medizinischen Begutachtung zwischen 12,5 und 27 Punkten erreicht, erhält Pflegegrad 1 und hat damit Anspruch auf Leistungen zur Alltagsentlastung oder zur kurzfristigen stationären Unterbringung von jeweils 125 Euro im Monat.
- Pflegegeld gibt es ab Pflegegrad 2. Ab 1. Januar 2024 wird das Pflegegeld mit der neuen Pflegereform um 5 % erhöht.
Was ist Pflegegrad 1?
Mit Pflegegrad 1 werden Personen klassifiziert, die geringfügige Einschränkungen ihrer Selbständigkeit geltend machen können. Dabei ist die Selbständigkeit des Betroffenen im Alltag ausschlaggebend für die Beurteilung der Pflegebedürftigkeit.
Der Pflegegrad 1 stellt gegenüber der alten Klassifikation eine Neuerung dar, denn die Maßgabe einer allein geringfügigen Beeinträchtigung wurde bis 2017 vom Anspruchskatalog der Pflegeversicherung in den bisherigen Pflegestufen nicht abgedeckt. Die Umstellung der Pflegestufen 1 bis 3 zu Pflegegrad 1 bis 5 gab auch Demenzkranken und psychisch Kranken die Chance, als Pflegebedürftige anerkannt zu werden und damit Leistungen der Pflegekasse zu beziehen.
Wer erhält Pflegegrad 1?
Eine Anerkennung von Pflegegrad 1 ist möglich, sobald eine geringe Beeinträchtigung der Selbstständigkeit vorliegt. Pflegebedürftige, die Pflegeleistungen von den Pflegekassen benötigen, können einen formlosen Antrag auf Pflegeleistung bei ihrer Pflegekasse / Pflegeversicherung stellen. Die Versicherung beauftragt dann im Anschluss bei gesetzlich Versicherten einen Gutachter vom Medizinischen Dienst der Krankenversicherung / MDK (oder bei privat Versicherten von MEDICPROOF), der die medizinische Begutachtung zur Feststellung von akutem Pflegebedarf ermittelt.
Der Pflegegrad 1 ist eine Neuerung im SGB XI. Ihm liegt keine vollständig äquivalente Pflegestufe zugrunde. Er wurde eingeführt, um Betroffene mit leichten Einschränkungen zu unterstützen. Mit dem Pflegestärkungsgesetz II wurde neben den Pflegegraden auch das Neue Begutachtungsassessment (NBA) eingeführt, um den Pflegegrad zu ermitteln. Gutachter erfassen auf Grundlage einer standardisierten Beurteilung, ob der Antragsteller die Bedingungen zur Bewilligung eines Pflegegrads erfüllt, also ob und wie viel Unterstützung er zur Bewältigung des Alltags benötigt.
Der Gutachter berechnet zunächst pro Kategorie eine Punktzahl und ermittelt zuletzt einen Gesamtpunktwert, der den Pflegegrad bestimmt. Dabei gilt: Je höher die Punktzahl, desto höher der Pflegegrad und damit Anspruch auf Pflegeleistungen. Die Punkte werden anhand eines systematischen Verfahrens gewichtet. Erst ab einer Punktzahl von 12,5 Punkten besteht überhaupt eine nachweisbare Pflegebedürftigkeit.
Pflegegrad 1 liegt im Messpunktbereich von 12,5 bis 27 Punkten. Wer weniger Punkte erhält, ist nicht in ausreichendem Maß pflegebedürftig, bei einem höheren Wert haben Betroffene bereits Anspruch auf Pflegeleistungen nach Pflegegrad 2.
Wie Sie einen Pflegegrad beantragen und wie Sie sich optimal für die MDK-Begutachtung vorbereiten, erfahren Sie ebenfalls bei uns.
Pflegebegutachtung: Sechs Module zur Ermittlung des Pflegebedarfs
Ein Gutachter ermittelt anhand folgender sechs Module den individuellen Pflegebedarf:
- Mobilität: Wie selbständig bewegt sich der Begutachtete zuhause?
- Kognitive und kommunikative Fähigkeiten: Wie gut findet sich der Betroffene im Alltag zurecht? Hat er eine zeitliche und örtliche Orientierung? Ist er in der Lage, Entscheidungen zu treffen?
- Verhalten und psychische Probleme: Schläft der Versicherte in der Nacht? Gibt es Verhaltensauffälligkeiten?
- Selbständige Versorgung: Ist der Antragsteller dazu in der Lage, sich um die eigene Körperhygiene zu kümmern, sowie sich an- und auszukleiden? Ist es ihm möglich, sich mit Mahlzeiten und Getränken zu versorgen?
- Verhalten bei krankheits- oder therapiebedingten Belastungen: Inwieweit ist der Antragsteller in der Lage, Medikation, Arztbesuche und eventuell Katheter und Stoma zu bewältigen?
- Alltag und soziale Kontakte: Kann sich der Begutachtete selbst beschäftigen und seinen Tag strukturieren? Pflegt er soziale Kontakte?
Welche Leistungen gibt es bei Pflegegrad 1?
Betroffene mit Pflegegrad 1 haben keinen Anspruch auf Pflegegeld oder Pflegesachleistung. Da sie zumeist noch in der Lage sind, die meisten Verrichtungen des Alltags selbständig zu leisten, werden keine Geldmittel zur Bereitstellung einer zusätzlichen Hilfe bewilligt: Geringe Beeinträchtigung bedeutet in diesem Falle auch geringere finanzielle Unterstützung. Allerdings haben auch Pflegebedürftige mit Pflegegrad 1 Anspruch auf Betreuungs- und Entlastungsleistungen in Höhe von 125 Euro.
Dieser Beitrag dient dazu, Betroffene bei Aufgaben des Alltags zu unterstützen. Das Geld kann etwa für eine Einkaufshilfe, eine Haushaltshilfe oder eine Begleitung bei längeren Fußwegen genutzt werden. (Theoretisch ließen sich damit auch andere Leistungen wie eine stationäre Unterbringung finanzieren. Angesichts der geringen Höhe des Betrags sollten Betroffene, die tatsächlich stationäre Betreuung benötigen, besser einen Antrag auf Erhöhung ihres Pflegegrads stellen). Mit dem Entlastungsbeitrag bei Pflegegrad 1 haben Betroffene die Möglichkeit zur:
- Teilnahme an einer betreuten Gruppe für leicht Hilfsbedürftige
- Inanspruchnahme eines Alltagsbegleiters sowie einer Einkaufshilfe
- Einstellung einer gelegentlichen Haushaltshilfe, die körperlich anstrengende Arbeiten im Haushalt übernimmt und unterstützt
Betroffene, die größeren Unterstützungsbedarf haben, sollten ihren Pflegegrad erhöhen, um weitere Leistungen in Anspruch nehmen zu können.
Pflegeleistungen ab 1. Januar 2024
Pflegegrad 1 | Pflegegrad 2 | Pflegegrad 3 | Pflegegrad 4 | Pflegegrad 5 | |
---|---|---|---|---|---|
Pflegegeld | 0 € | 332 € | 573 € | 765 € | 947 € |
Pflegesachleistungen | 0 € | 761 € | 1432 € | 1778 € | 2200 € |
Tagespflege und Nachtpflege | 0 € | 689 € | 1298 € | 1612 € | 1995 € |
Entlastungsbetrag | 125 € | 125 € | 125 € | 125 € | 125 € |
Stationäre Pflege | 770 € | 1262 € | 1775 € | 2005 € |
Kein Anspruch auf Kurzzeitpflege bei Pflegegrad 1
Versicherte mit Pflegegrad 1 haben keinen Anspruch auf Kurzzeitpflege. Erst ab Pflegegrad 2 zahlt die Pflegekasse hierfür Leistungen. Alternativ gibt es jedoch einen Anspruch gegenüber der Krankenversicherung auf eine sogenannte Überleitungspflege, nur in Ausnahmefällen auch auf Kurzzeitpflege.
Kein Anspruch auf Verhinderungspflege bei Pflegegrad 1
Da Menschen mit Pflegegrad 1 nicht als betreuungsbedürftig gelten, haben sie auch auf Geldleistung für Verhinderungspflege keinen Anspruch, da keine pflegenden Angehörigen im Ausnahmefall ersetzt werden müssen.
Zuschüsse zu ambulanter oder stationärer Pflege
Pflegebedürftigen mit Pflegegrad 1 stehen zwar weder Pflegegeld noch Pflegesachleistungen oder Mittel für die Tages- und Nachtpflege zu, sie können aber den Entlastungsbeitrag für zusätzliche Betreuungs- und Hilfsleistungen verwenden. Für eine kurzzeitige Unterbringung in stationärer Pflege stehen ihnen 125 Euro monatlich zur Verfügung.
Beratung und Pflegekurse
Darüber hinaus haben Menschen mit Pflegegrad 1 Anrecht auf eine regelmäßige Beratung zur Verbesserung ihrer Lebensqualität, die von der Pflegekasse bezahlt wird. Angehörigen und ehrenamtlichen Pflegepersonen steht außerdem ein kostenloser Pflegekurs zu. Grundsätzlich sinnvoll zur vollständigen Absicherung der Pflegekosten ist eine private Pflegeversicherung.
Zusätzliche Leistungen bei häuslicher Pflege
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Zuschuss zur Wohnraumanpassung
Für eventuelle Umbauten, die barrierefreies Wohnen ermöglichen, können maßnahmenbezogen bis zu 4.000 Euro in Anspruch genommen werden. Dazu gehört beispielsweise der Einbau eines Treppenlifts oder der Umbau des Badezimmers. Bei steigendem Pflege- und Betreuungsbedarf ist es auch möglich, den Zuschuss erneut zu beantragen. -
Medizinische Hilfsmittel und Pflegehilfsmittel
Auch Pflegebedürftige mit Pflegegrad 1 haben Anspruch auf Zuschüsse für Pflegehilfsmittel oder medizinische Hilfsmittel (z. B. ein Hausnotruf) und eine Pauschale für den Kauf zum Verbrauch bestimmter Hilfsmittel in Höhe von monatlich 40 Euro, die häufig in Form einer Pflegebox bewilligt werden. Wie alle Pflegebedürftigen haben sie zudem Anrecht auf regelmäßige Beratung zur Verbesserung ihrer Lebensqualität, die von der Pflegekasse bezahlt wird. Darüber hinaus steht Angehörigen und ehrenamtlichen Pflegepersonen ein kostenloser Pflegekurs zu. -
Förderung für Bewohner von Wohngruppen oder WGs
Auch Betroffene in ambulant betreuten Wohngruppen oder sogenannten Senioren-WGs erhalten Pflegeleistungen zur Wohnraumanpassung, wenn bis zu vier Versicherte mit Pflegegrad gemeinsam in einer Wohneinheit untergebracht sind.Desweiteren steht allen vier Bewohnern jeweils ein einmaliger Einrichtungszuschuss von 4.000 Euro zu, außerdem ein monatlicher Zuschuss für eine Haushaltskraft in Höhe von jeweils 214 Euro. Außerdem erhalten sie einen einmaligen WG-Gründungszuschuss in Höhe von 2.500 Euro. Da die notwendigen Gesamtkosten jedoch häufig deutlich höher sind, ist zur vollständigen Abdeckung der Abschluss einer privaten Pflegezusatzversicherung sinnvoll.
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